DAUERVERFORMUNG MENSCHLICHEN HAARES 669 Die Verhiiltniszahl nach Heiling6tter eignet sich deshalb nicht, weil die Ein- beziehung der grot•en Schwankungen unterworfenen ,,Ansatzwelle" zwangs- l•iufig zu unsicheren Met•zahlen fiihren mug. Die Methode yon Kirby ist sehr umstiindlich, und aut•erdem sollte die Verformung unter friseurpraxisnahen Bedingungen erfolgen, da die iibrige Arbeitsweise an sich schon eine weit- gehende Idealisierung einschliet•t. Die Striihnenverkiirzung dutch Verformung ist augenscheinlich, so dab ihr als Verformungsmat• zuniichst der Vorzug gegeben wird. Es wird jedoch spiiter die erwiihnte Methode yon Stavrakas, Platt und Hamburger ebenfalls angewendet werden. Besondere l•Iberlegungen erforderte die Wahl der Haarstr•ihnen unter den ß schon vorhin anõedeuteten Aspekten. Die sich mir der Verformungsmessung besch•iftigenden Autoten gebrauchten u. a. zwar auch gleichgewichtige, abet in nicht unerheblichen Grenzen doch verschieden dicke Str•ihnen. Haarstr•ih- nen stellen ein System yon Kapillaren dar, deren Wandungen aus den Ober- fl•ichen der Haarsch•ifte gebildet sind. In diesen kapillaren Zwischenr•iumen wird die aufgebrachte Fl•is.sigkeit festgehalten und gelangt yon dort zur Einwirkung. W•/ren alle Haare •iber ihre ganze L•nge yon gleichem kreis- rundem Querschnitt, dann w•ire das Verh•iltnis der in den Zwischenr•iumen der Str•ihne befindlichen Fl•issigkeitsmenge, unter Voraussetzung dichter Pak- kung der Haare und v611iger Verdr•ingung der Luft, zur Menge der Faser, unabh•ingig yon ihrem Durchmesser, f•ir das gegebene Str•ihnenvolumen kon- stant. Darauf machten vor langem schon Reed, Den Beste und Humoller (12) aufmerksam. In Wirklichkeit gelten diese Annahmen nut n•iherungsweise, denn die Humanhaare besitzen ovalen Querschnitt und wetden spitzenw•irts d•inner. Daraus ist zu folgern, dab das Flottenverh•iltnis in einer Str•ihne merklichen Schwankungen unterworfen sein mug. Es ist ferner zu erwarten, dab mir steigendem pH-Wert oder unter anderen die Quellung beg•instigen- den Bedingungen die yon der Str•ihne kapillar festgehaltene Fl•issigkeit den Zwischenr•iumen rasch entzogen wird und daher weirere Fl•issigkeitszufuhr zum Befeuchten notwendig erscheint. Tats•chlich konnte experimentell beob- achtet wetden, dab die verwendeten Str•ihnen bei der friseurpraxis•ihnlichen Behandlung mir thioglykolathaltigen L6sungen zwischen 50 und 80 Gew.-ø/0 Fl•issigkeit aufnehmen, wobei sich mir steigender Thioglykols•urekonzentra- tion und steigendem pH-Wert ein merklicher Trend zur Steigerung der auf- genommenen Fl•issigkeitsmenge zeigt, der beim quellungsf•higeren gebleichten Haar noch deutlicher ausgepr•igt ist. 2. Begriff der Normstr•ihne und Versuchsanordnungen Schon die Anschauung lehrt, dab die Verformung einer Haarstr•hne unter Benutzung gleichdimensionierter Wicklet bei Zunahme ihrer Dicke, d. h. Anzahl der Haare, geringer wetden mug. Versuche haben gezeigt, dab diese Verformungsabnahme direkt proportional der Anzahl der Haare einer Str•hne
670 JOURNAL OF THE SOCIETY OF COSMETIC CHEMISTS verliiuft. Es wurde gefunden, dag Striihnen mit 120 Einzelhaaren den Ver~ formungseffekt am empfindlichsten wiedergeben. Man kiSnnte aber, da die Verformungsabnahme erst sehr deutlich bei Striihnen mir iiber 300 Einzel- haaren wird, auch solche mir 240 oder 80 Einzelhaaren verwenden, da die Verformungsmessung relativ ungenau ist und Angaben von Zehntelprozenten eine durch nichts gerechtfertigte Genauigkeit vortiiuschen wiirden. Es werden fir Verformungsversuche 16 cm lange Striihnen zu je 120 Einzelhaaren be- nutzt. Solche Normstriihnen enthalten Haare nur aus dem mittleren Drittel der wie erwiihnt vorbereiteten ZiSpfe. Die Normstriihnen tragen so der Varia- bilitiit der einzelnen Haarsorten Rechnung und gestatten deren gegenseitigen Vergleich. a) Friseurpraxisnahe Arbeitsweise Die mit diinnem Perlongarn sorgfiiltig gebiindelte• Striihnen zieht man durch die auf Verformungswirkung zu priifende LiSsung, streift vorsichtig mit durch FIandschuhe aus geeignetem, nicht saugendem Material geschiitzten Fingern ab und wiederholt das Durchziehen und Abstreifen noch einmal. Anschliegend wird soloft mit Hilfe eines Spitzenpapiers gewickelt. Fiir alle Versuche werden natiirlich Wicklet gleicher Dimension verwendet. Ohne Verzug gibt man die Wickler mit den aufgewickelten Striihnen in passende Reagenzgliiser, die sich im FRissigkeitsthermostaten vorgewiirmt befinden. Die Reagenzgliiser werden verschlossen. In Vorversudaen konnte nachgewiesen werden, dag sich die ge- wiinschte Einwirkungstemperatur nach dem Einsetzen der Wickler mit dem FIaar binnen etwa 3 Minuten wieder einstellt. Bei peinlich genauer Einhaltung des Arbeitsritus herrschen konstante Bedingungen, erkennbar an der stets beobachteten guten Reproduzierbarkeit der Ergebnisse fiir dieselbe FIaarsorte. Die FIaarverformung wurde in ihrer Abhiingigkeit von der Einwirkungsdauer, der Einwirkungstemperatur, der Thioglykolsiiurekonzentration der LiSsungen und ihrem pFI-Wert sowie von den Basen Ammoniak, Monoiithanolamin und Natronlauge, die zur priizisen pFI-Einstellung mittels geeichter Glaselektrode verwendet wurden, untersucht. Als weiterer Parameter wurde noch die ,,Ge~ schicklichkeit" der Versuchsausfiihrenden beriicksichtigt, im wesentlichen der beim Wickeln der Striihnen ausgeiibte Zug, der zur Erreichung einer bestimm- ten Straffheit der gewickelten Striihne erforderlich ist. Dieser erwies sich als ausgesprochen personenabhiingig, auch wenn angegeben wird (13), jedes Deh- nen der FIaare beim Wickeln sei zu vermeiden. Dementsprechend sind bei zwei geiibten versuchsausfiihrenden Personen die Verformungswerte zwar nicht identisch, abet sie geben deren prinzipielle Eigenarten einwandfrei wieder. Zur Vermeidung eines schwankenden Flottenverhiiltnisses und der beim Wik- keln zwangsliiufig auftretenden individuellen Zugausiibung auf die Striihnen beim Wickeln einerseits, zur experimentellen Beriicksichtigung der FIaar~ quellung andererseits, wurde diese Versuchsanordnung abgewandelt. Man
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