260 JOURNAL OF THE SOCIETY OF COSMETIC CHEMISTS Systeme gestellt werden. Tatsiichlich ist der eigentliche Emulsionsbegriff im kolloidchemischen Sinne nut auf den O/W-Typ anwendbar und auch auf diesen streng genommen nut bis zu einer oberen Konzentrationsgrenze, die im wesentlichen dur& die Beweglichkeit der di,spersen Phase gekennzeichnet ist. Sobaid wir uns niimlich dem Zustand der dichtesten Packung niihern, kiSnnen wesentliche Existenzbedingungen, wie Brown'sche Molekularbewe- gung, elektrostatische Abstogung u. a. nicht mehr wirksam werden. Noch mehr gilt dies abet fiir den umgekehrten W/O-Typ, bei dem da.s Wasset als disperse Phase im allgemeinen nicht mehr in sphiirisch gleichartigen Gebilden, z. ]3. in Kugelform ¾erteilt ist, sondern in mehr oder weniger heterodispersen, laminaten Schichten. Der tiefere Grund fiir diese voneinander abweichende Struktur der belden Emulsionstypen i,st nach meiner Oberzeugung die Tat- sache, dag es keinen W/O-Spontan-Emulgator gibt, und dag es demnach nicht miSglich ist, in der in der Praxis fiblichen Weise, niimlich durch einfaches Zusammenmischen, zu einer bestiindigen W/O-Emulsion zu kommen. Die W/O-Emulgierung gelingt praktisch nur auf dem Wege tiber die mecha- nische Dispergierung, indem die Wasserphase unter Zwang in die Fettphase eingearbeitet wird. Dabei gelingt die Zerteilung und adsorptive Bindung des Wassers in der Fettpha,se unter dem Einflug der hydrophilen Gruppen und Restvalenzen des in der Fettphase gel/3sten, und yon hier aus wirkenden, so- genannten W/O-Emulgators. Hauptmagstab ftir Eigenschaften und Stabilidit der W/O-Emulsionen ist aber in jedem Falle neben der gentigend entwickelten Hydrophilie der Fettphase ihre innere Z•ihigkeit, weshalb W/O-Emulsionen sehr rasch zusammenbrechen, wenn sie tiber eine gewisse Temperaturgrenze hinaus thermisch belastet werden. Das Fettgeriist bricht zusammen, das laminar verteilte Wasser nimmt unter dem Einfiug seiner grogen Grenzfiiichenspan- nung sphiirische Teilchenformen an, und die Phasentrennung setzt ein, well der W/O-Emulgator kein Spontanemulgator im kolloidchemischen Sinne ist. F•s ist daher abwegig, yon W/O-Emulsionen eine iihnliche Thermostabilitiit zu verlangen, wie wir sie yon O/W-Emulsionen durchaus gewiShnt sind, was in gleicher Weise auch fir den umgekehrten Vorgang, niimlich fir das Ausfrieren des Wassers unter 0 ø C gilt. Kosmetlsche Cremes und Emulsionen vom W/O- Typ sind daher im allgemeinen auf ein thermisches Existenzgebiet yon 0 bis 50 ø C beschriinkt, well es kaum eine kosmetisch verwendbare Fettphase gibt, die oberhalb dieser Temperatur noch ein hinreichend ziihes Dispersionsmittel da2stellt. Nach eingetretener, mehr oder weniger weitgehender Phasentrennung ist aber im Gegensatz zu vielen O/W-Emulsionen eine erneute, mechanische Dispergierung erforderlich, um den ursprtinglichen Emulsionszustand wieder herzustellen. In Obereinstimmung mit diesen Tatsachen kann es nicht iiber- raschen, dag es grundsiitzlich nicht miSglich ist, aus Fettphase, W/O-Emulgator und Wasser durch bloges Vermischen oder Umschiitteln eine stabile W/O- Emulsion zu gewinnen, was umgekehrt beim O/W-Typ sehr wohl gelingt.
EMULGATOREN UND EMULGIERENDE GRUNDLAGEN FOR DIE KOSMETIK 261 Auch wird sofort verstiindlich, warurn es in der Praxis der kosmetischen Emul~ slonen ,so schwer ist, diinnfiiissige W/O-Emulsionen herzustellen. Die Verhiilt~ nisse sind die gleichen, ob ich die Fettpha,se durch Erwiirmen verfiiissige oder gleich yon einer diinnfiiissigen Fettphase ausgehe. Es kann aber daher auch nicht iiberraschen, dag sich die meisten fiiissigen W/O-Emul,sionen bei niiherer Untersuchung als iiberfettete O/W-Emulsionen enthiillen oder zumindest so- genannte Doppelemulsionen darstellen, bei denen zwar ein kleinerer Teil des Wassers in die hydrophilisierte Fettphase eingearbeitet ist, diese selbst aber die innere Phase einer O/W-Emulsion darstellt. Mir einer zumindest voriiber~ gehenden Bildung einer Doppelemulsion haben wir es auch beim Verreiben yon Emulsionen und Cremes auf der Haut zu tun, bei denen zwar ein ein- deutiger O/W-Typ vorliegt, die Fettphase aber ihrerseits hydrophile Eigen- schaften hat und infolgedes,sen unter mechanischer Einwirkung einen Tell des Wassers als W/O-Typ binden kann. Das ist z. B. der Fall, wenn Fettalkohole mir Hilfe yon Fettalkoholsulfaten emulgiert sind, well die wenn auch beschei- dene Hydrophilie der endstiindigen OH-Gruppe ausreicht, um unter dem Druck d•s Verreibens die teilweise Phasenumkehr zu bewirken, was optisch und auch im Hautgefiihl unter dem Befund des sogenannten ,,Weigelns" auf der Haut bemerkbar wird und im iibrigen einen Vorgang darstellt, der schon yon Ostwald auch ohne Riicksicht auf die Hydrophilie der Fettphase aus rein riiumlichen Griinden begriffen wurde, wenn niimlich die Wasserphase ein bestimmtes Grenzmengenverhiiltnis unterschreitet. Kosmetisch gesehen und mit Riicksicht auf die Fettung der oberen Epidermisschichten, bedeutet diese teilweise ?hasenumkehr keinen Nachteil, da wir wissen, dag auch die Haut selbst struk- turell als Doppelemulsion zu verstehen ist. Ich miSchte allerdings nicht so weit gehen, wie Miinzel es vorgeschlagen hat, und das Fettalkohol/Fettalkohol- sulfat-System, also z. B. die Grundlage des Unguenturn emulsificans DAB, als Komplex-Emulgator bezeichnen, weil die geringfiigige Wasserbindung der Fettalkohole emulsionstechnisch und anwendungstechnisch ohne Bedeutung ist. Welcher Emulgatoren bzw. welcher emulgierenden Grundstoffe bedient sich nun im wesentlichen die kosmetische Emulsionstechnik? Nach meinen Aus- fiihrungen kann es nicht zweifelhaft sein, dag die O/W-Emulgatoren im Vor- dergrund des Interesses stehen und aus manchen Griinden den Vorzug vor dem umgekehrten Typ verdienen. Ich habe in einem friiheren Vortrag (an- 1iiglich des Grtindungs-Symposions der ,,Deutschen Gesellschaft fiir die gesamte aesthetische Medizin und ihre Grenzgebiete [DGAM]" in Diisseldorf 1955) noch auf einen anderen Grund hierfiir hingewiesen, der auf den ersten Blick vielleicht weniger in Erscheinung tritt. Es ist dies neben dem Urnstand, dag Spontan-Emulgatoren praktisch nur in der O/W-Gruppe zu finden sind, die Tatsache ihrer weitaus griSgeren chemi, schen Mannigfaltigkeit, die es erlaubt, geeignete Individuen und zusammengesetzte Stoffgemische nach iibergeord- neten kosmetischen und anwendungstechnischen Gesichtspunkten auszuwiihlen.
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