SCHNELL FETTENDES HAAR 295 FUNKTION DER TALGDROSEN UND DEREN HORMONELLE STEUERUNG Es unterliegt keinem Zweifel, dab das schnell fettende Haar - genauer die schnell oeettende Kopfhaut - als Teilerscheinung der Seborrhoe mir der T•tig- keit der in der Kopfhaut besonders zahlreichen Talgdrtisen zusammenh//ngt. Nun sind die Talgdrtisen holokrine Drtisen, also Drtisen, deren Sekret durch Zerfall der Zellen selbst entsteht. Daraus ergibt sich, dab die Menge des gebildeten Talges yon der Zahl und der Gr613e der verfetteten Zellen abh//ngt. Anders ausgedrtickt, ist die Fettproduktion ausschlieBlich eine Funktion der Mitoserate des Talgdrtisenepithels und der Gr/513enzunahme der einzelnen Zellen. Daraus ergibt sich zwangsl//ufig, dab yon einer Beeinfiussung der Talgdrtisenfunktion nur dann gesprochen wetden kann, wenn Beweise daftir vorliegen, dab durch einen medikament6sen oder sonstigen Eingriff eine die- ser Gr613en ver//ndert wird. Sowohl die mitotische Aktivit//t der Talgdrtisenzellen, als auch ihre Gr6- Benzunahme werden vornehmlich hormonell gesteuert. Es ist zwar bekannt, dab bei der Parkinsonschen Krankheit und beim postenzephalitischen Par- kinsonismus eine Gr6Benzunahme der Taigdrtisen mir entsprechender Mehr- produktion an Talg (Salbengesicht) vorliegt, und dab auch bestimmte Phar- maca und die Ern//hrung einen gewissen EinfluB auf die Talgproduktion haben, doch scheinen diese Einfltisse yon untergeordneter Bedeutung zu sein und k6nnen daher unberticksichtigt bleiben. Auch der Anteil des aus der Ver- hornung entstandenen Hautfettes an der gesamten Sebummenge ist - sonders in talgdrtisenreichen Regionen wie am behaarten Kopoe- unbedeutend und kann daher vernachl//ssigt wetden. Es ist eindeutig bewiesen, dab das biologisch aktivste Androgen, das Testosteron, das sfiirkste physiologische Stimulans der Talgdrfisen darstellt. Es bewirkt eine Hyperplasie der Talg- drtisen und steigert dadurch die Talgproduktion. Diese Wirkung finder ihren Ausdruck in der bekannten Tatsache, dab die m//nnliche Haut fettreicher ist, als die weibliche und darin, dab Kinder eine sehr fettarme Haut haben, was eigenartigerweise der sprichw6rtlichen Zartheit und Geschmeidigkeit der kindlichen Haut keinen Abbruch rut. Der Angriffspunkt des Testosterons ist die Talgdrtise selbst, die auch bei lokaler Applikation yon Testosteron eine Hyperplasie erf//hrt. Da bei der lokalen Anwendung immer auch erheb- liche Mengen percutan resorbiert werden, kommt es sehr bald auch zu einem systemischen Effekt, der sich in einem Ansteigen der Talgproduktion in vom Applikationsort weit entfernten Arealen •iuBert. In Abh//ngigkeit yon ihrer biologischen Aktivit•it f6rdern auch schw•ichere, vorwiegend adrenal gebil- dete Androgene, wie z. B. das Dehydroepiandrosteron, die Talgproduktion. Daher auch die hohe Fettproduktion bei Frauen mir virilisierenden Prozessen.
296 JOURNAL OF THE SOCIETY OF COSMETIC CHEMISTS AuBerdem ist bekannt, dab Kastraten reit einer h6heren 17-Ketosteroidaus- scheidung - ein Index ffir die Produktion adrenaler Steroide -auch eine h6here Talgproduktion aufweisen. Bis vor einigen Jahren glaubte man, dab auch Progesteron die Talgdrfisen stimuliere. Diese Annahme beruhte auf dem Ergebnis yon Tierversuchen, auf dem h•iufig beobachteten praemenstruellen Aufflammen einer bestehen- den Akne und auf dem Nachweis eines die Talgproduktion f6rdernden Ein- flusses einiger synthetischer Gestagene, deren zus2tzlich androgene Wirkung /2bersehen wurde. Es kann heute jedoch als erwiesen gelten, dab dem Pro- gesteron kein direkter EinfluB auf die Talgdrfisen zukommt (7). Es ist seit langem bekannt, dab Oestrogene in einer bestimmten Dosierung einen hem- menden EinfluB auf die Talgdr/2sen aus/2ben. Hierauf beruhten zum Teil auch die eindrucksvollen Erfolge der yon SchreuB (6) ausgebauten Oestro- genbehandlung der Akne, die ja regelm2Big mir einer 61igen Seborrhoe ein- hergeht. Der wirksame Grenzwert, bei dem die Sebumproduktion gehemmt wird, scheint bei t2glich 0,25 mg fiithinyloestradiol zu liegen (9). Im Gegen- satz zu den Androgenen wirken die Oestrogene nicht direkt auf das Erfolgs- organ Talgdr/2se. Bei der lokalen Behandlung ist eine auf den Applil•ationsort beschr2nkte Wirkung nicht nachweisbar. Die gleichzeitig am ganzen Inte- gument auftretende Hemmung der Talgproduktion ist ein systemischer Effekt aufgrund percutaner Resorption. Die Oestrogenwirkung auf die Talg- drfisen scheint ausschlieBlich auf einer Herabsetzung der Androgenproduk- tion dutch Hemmung der hypophys2ren Gonadotropinausschtittung zu beruhen. Es besteht daher auch kein echter Antagonismus zwischen Andro- genen und Oestrogenen im Sinne einer kompetitiven Wirkung am Erfolgs- organ. Bei gleichzeitiger Verabreichung kleiner Testosteronmengen verm6- gen nicht einmal hohe Oestrogendosen die stimulierende Androgenwirkung zu blockieren. V611ig gek12rt ist der Wirkungsmechanismus der Oestrogene allerdings bis heute nicht. So findet sich z. B. keine plausible Erk12rung ffir die Tatsache, dab die Verabreichung von Oestrogenen bei Kastraten eine signifikante Herabsetzung der Talgprodul•tion bewirkt. Die Glucocorticoide der Nebenniere scheinen zumindest in physiologi- schen Dosen keine nennenswerte Wirkung auf die Talgdrfisen auszufiben. Die Nebennierenrindenfunktion hemmende Dosen yon Hydrocortison ffih- ten zu einer Abnahme der Talgproduktion bei normalen Frauen und erst recht bei Kastraten, ein Hinweis auoe die Stimulierung der Talgdrfisen dutch adrenale Androgene. Obwohl es sich nicht um physiologische Hormone handelt, milssen in diesem Zusammenhang die Antiandrogene erw•ihnt werden. Es handelt sich bier um synthetische Steroide, die echte Testosteronantagonisten darstellen,
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