100 JOURNAL OF THE SOCIETY OF COSMETIC CHEMISTS Eine andere Oberlegung, die weiter hilft, ist die kritische Betrachtung der geliiu.figen Vorstellung, dag der Schweigausbruch der Haut etwas mit der Regulierung der Kern- temperatur des K/Srpers zu tun habe. Man hat lange auf den Wiirmeentzug durch die Schweigverdunstung auf der K/Srperoberfliiche geziihlt. Kommt es jedoch darauf an, die Kerntemperatur auf etwa 36.5 ø C ein Leben lang konstant zu halten, so k/Snnen die Schweigeruptionen, die eigentlich nur in extremen Situationen auftreten, nicht gut die alltiigliche Form der Temperaturregelung darstellen. Sollte die Schweigsekretion im Alter herabgesetzt sein, so miigte folglich die K/Srpertemperatur im Alter weniger ab- gekiihlt werden. Auch aus der Perspiratio insensibilis liigt sich keine iiberzeugende Vorstellung ableiten, denn schon Z/511 n e r, T h a u e r und K a u f m a n n (3) haben sich gewundert, dag die Perspiratio insensibilis bei kiihlerer Lufttemperatur unter Um- stlinden zu h/Sheren Werten als bei wiirmerer Temperatur fiihrt. Ein besseres Verstiindnis fiir die Bewerkstelligung einer lebenslangen Konstanthaltung der K/Srpertemperatur und bemerkenswerterweise damit zugleich auch fiir die Funktion der Schweigdriisen leitet sich aus modernen Entwicklungen in der Technik des Wiirme- transportes ab. Mall •nd Thiele (4) entwickelten folgende Vorstellung: Das Prinzip dieser Technik wurde 1942 yon Richard S. G a u g 1 e r bei der General Motors Corporation und mehr als 20 Jahre spiiter, 1963, noch einmal yon George M. G r o v e r bei den Los Alamos Scientific Laboratories entdeckt. G r o v e r hat das Prinzip als Heat Pipe, WiirmetransportriShre, beschrieben (5, 6). Es besteht aus einer Vakuum-RiShre mit kapilliirer Wandauskleidung. Das eine Ende enthiilt Fliissigkeit, die bei Wiirmezufuhr verdampft der dabei entstehende erhiShte Druck treibt den Dampf an das andere Ende, wo die Wiirme an die Umgebung abgegeben wird und info|gedessen der Dampf wieder zu Fliissigkeit kon- densiert. Die Kapillaritiit der Wandstruktur der RiShre liigt die Kondensfliissigkeit zum urspriinglichen Ende zuriickwandern. So kanr• Wiirmeenergie nahezu verlustfrei iiber lingere Strecken transportiert werden. Fiir die Leistungsfiihigkeit dieser Wiirmetransport-RiShre ergeben sich je nach der Bauart extrem hohe Werte, etwa um das 100fache bis 10 000fache der Wiirmeleitfiihigkeit yon Kupfer. Inzwischen hat das Prinzip der Heat Pipe in der Wiirmetechnik vielfiiltige und weite Anwendung gefunden, besonders in der Technik der Weltraumfahrt. Es ist das Verdienst von T h i e 1 e (7), reit aller Akribie der Frage nachgegangen zu sein, inwieweit Anatomie und Funktion der Schweigdriisen der Konstruktion und Arbeits- weise dieser technischen W•irmetransport-R/Shren entsprechen. Es geniigt, diesen. Ver- gleich nur andeutungsweise aufzuzeigen. Es hat sich nicht eine etwa nicht passende oder gar widersprechende Einzelheit gefunden. Im Gegenteil, eine Anzahl bisher unerkl•ir- lich erscheinender anatomischer Auff•illigkeiten sind nun verst•indlich geworden. Die Verdampfung des Wassers in der Tiefe der Schweigdrfisen-Ausfiihrungsg•/nge oder gar schon in den Schweigdrfisen selbst stellt ein wesentliches Moment der Konstruktion der Heat Pipe dar ebenso wie die Kapillarit•it der eigenartigen Cuticula, des Wandiiber- zuges der Schweigdrfisenausfiihrungsg•inge. Auch die von T h i e 1 e durchgeffihrten Berechnungen nach der Theorie der Wirkungsweise der Heat Pipes best•itigen, dag das Prinzip im Bereich der mikroskopisch kleinen Verh•/ltnisse der Schweigdriisen, den Micro Heat Pipes, durchaus gfiltig ist. Man mug zugeben: Ein h•3chst einfaches, im Hinblick auf das Gesetz der Entropie auch h/Schst sparsames Prinzip einer kontinuier- lichen Konstanthaltung der K/Srperw•irme. Nach dean Studium der W•irmeregulation dfirfte gekl•irt sein, dag die Perspiratio insen- sibilis je nach den Umst•inden aus dem an den Schweigporen verfiigbaren Wasserdampf gespeist wird, ohne dag dabei der Mechanismus der Temperaturkontrolle beriihrt wird. In Ruhe und bei 32 ø C Hauttemperatur betr•igt der Dampfverlust auf diese Weise nur etwa 5 %, kann aber in Notsituationen auf 50 % gesteigert werden ( T h i e 1 e ).
WATER MAINTAINANCE OF SKIN 101 Perspiratio insensibilis der Haut 15- g/m2/h =1,5mg/cm21h 14- 13- 12- 11- 10- umgezeichnet 10 15 20 25 30 35 40 mmHg Differenz zwischen Wasserdampfs•ttigungsdruck aktuettem Wasserdampfdruck der Haut und der Luft Abb. 3 Die Differenz zwischen Wasserdampfs•ittigungsdruck der Haut und aktuellem Wasserdampfdruck der Luft in doppelt logarithmischem Maf•stab. Die Gerade der Perspiratio insensibilis liegt je nach Lufttemperatur und Hauttemperatur in verschiedener H6he und in verschieden steilem Winkel (nach Z611ner, Thauer und Kauf- mann). Um die klinische Bedeutung der Perspiratio insensibilis zu erfassen, geht man am besten von einem Diagramm aus einer Arbeit von Z 6 11 n e r, T h a u e r, und K a u f rn a n n aus (1. c.). Es zeigt die Abh•ingigkeit der Perspiratio insensibilis yon der Differenz zwi- schen den Wasserdampfdichten der Haut und der umgebenden Luft. Aus den elemen- taren Betrachtungen fiber die winterlichen und sommerlichen Klimaverh•iltnisse ist zu entnehmen, dat• die Differenz zwischen den Wasserdampfdichten der Haut und der Luft in unseren Breiten sich im allgemeinen um so gr6t•er bemit•t, je k•ilter das Klima ist.
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