UBER DIE GELSTRUKTUR DER SALBEN 311 Die butter/ihnliche oder halbfeste ,,Konsistenz" oder ,,Beschaffenheit" einer Salbe bedeutet abet sicher noch mehr als FlieBpunkt und thioxotrope Hystereseschleife und umfaBt eine Vielzahl von weiteren, gef/fihlsm•iBig zu beurteilenden rheologischen Eigenschaften. Wit maBen uns nicht an, alle Erscheinungen, die mir Worten wie schmierig, klebrig, haftf•ihig, f•idig, steif usw. umschrieben werden, physikalisch deuten zu k6nnen. Schon eher lassen sich die Begrifle ,,weich", ,,hart" und ,,leicht verstreichbar" mit Hilfe yon hohen und niedrigen FlieBpunktswerten, mir starker und schwacher Thixotropie und mir hoher und niedriger plastischer Viskosit•it ausdr/ficken. Hinsichtlich der ,,butterihnlichen Konsistenz" halten wit fest, dab sie K6rper bezeichnet, die bei Raumtemperatur einen FlieBpunkt besitzen, der mir den /fiblichen mechanischen Methoden, die beim Verstreichen einer Salbe angewendet werden,/fiberwunden werden kann, so dab ein Verformen und FlieBen eintritt. Nach dem Absetzen der Streichbewegung beh•ilt das Pr•iparat die ihm erteilte Form: Es ist plastisch verformbar und geht nicht yon selbst in den urspr/finglichen Zustand zur/fick. Salben sind nicht NoB Grundlagen ,,butter•ihnlicher Beschaffenheit" wie z.B. Vaselin, Schweinefett, Wollwachs, Methylzellulose- oder Tragant- Schleim und Poly•ithylenglykolsalbe um weirere therapeutische Wirkungen zu erhalten, milssen diesen Grundlagen Medikamente und indifferente Hilfs- stoffe (z. B. Wasset, O1, Seifen, St/irke) zugesetzt werden. Diese sind in der Grundlage entweder 16slich und werden deshalb meist dadn ge16st, oder sie sind un16slich und werden deshalb als Pulver oder, im Falle von F1/fissigkeiten, als Tr6pfchen grobdispers suspendleft: Es sind Suspensions- bzw. Emul- sions-Salben (Emulsionssalben : Creams) entstanden. Die dispergierte Phase dieset Salben ist der Arzneistoff oder ein Hilfsstoff mir bestimmtem, meist physikalisch-therapeutischem Effekt die •iuBere Phase hingegen ist die Grundlage, welche die ,,butter•ihnliche Konsistenz" bestimmt. Ob alle diese Grundlagen Gele sind, soil nun n•iher besprochen werden. Wie wit gesehen haben (vgl..,,zlbb. 7, 8, 9 und 17) erf/fillen sie die Bedingungen des FlieB- punkres und des thixotropen Zusammenbruchs, was an sich noch nicht un- bedingt ein Beweis, sondern vorerst nut ein Hinweis auf ihren Gel-Charakter ist*. Es soil deshalb diskutiert werden, ob ihnen ein Geigerfist zugesprochen werden darf oder ob es sogar beweisbar ist. * Thixotrope Rheogramme kommen auch bei Produkten vor, die nicht Gele sind bzw. deren Gelcharakter zweifelhaft ist. Manche Honigsorten ergeben thixotrope Rheogramme, allerdings mir dem Unterschied, dab das Rheogramm keinen FlieBpunkt besitzt, sondern im Nullpunkt beginnt. Es ist auch m6glich, dab Pasten thixotrope FlieBkurven ergeben, wenn groBe Men- gen an Pulver, fitissigen Tr6pfchen oder fiockigen Partikeln in eine pseudoplastische (struk-
312 JOURNAL OF THE SOCIETY OF COSMETIC CHEMISTS 9. VASELIN- EIN R*TSELHAFTES PRODUKT Fltissiges pharmazeutisches Paraffin ist eine FRissigkeit von sehr kompli- zierter Zusammensetzung, die aus 2-3 Dutzend, wenn nicht noch mehr, Kohlenwasserstoffen besteht (40). Vaselin ist abet noch viel komplizierter zusammengesetzt, und das Wissen um seine chemische Zusammensetzung ist eher spiirlich. Seine Vielfalt von Kohlenwasserstoffen erteilt ihm sehr weft- voile physikalische Eigenschaften wie Streichbarkeit, Fftdigkeit, Weichheit usw., die bis jetzt noch hie mir sog. Kunstvaselin aus resten und fitissigem Paraffin nachgeahmt wetden konnten. Am geschfttztesten ist Vaselin aus ,,Pennsylvania grade crude oil", das wesentliche Anteile des sog. ,,mikro- kristallinen Wachses" mir hohem Schmelzbereich enthfdt. Die rheologischen Eigenschaften der verschiedenen Handelsprodukte sind nicht oder in nut auBerordentlich weiten Grenzen genormt manches Vaselin wird dutch Zu- satz von fltissigem Paraffin auf eine zusagende Beschaffenheit gebracht, die jedoch nut in den Spezifikationen des Herstellers beschrieben ist. Nach ver- schiedenen Autoten (8, 40, 41, 42, 43, 44, 45) setzt sich Vaselin aus einer fltissigen Phase, die zu 50-80 % aus fltissigen Paraffinen besteht, und aus einer resten Phase zusammen diese besteht aus zwei Fraktionen von resten Paraffinen: einem kristallinen Antell aus n-Paraffinen, der mikroskopisch im polarisierten Licht besonders gut sichtbar ist (.,4bb. 13), und einem mikro- kristallinen - oft auch als ,,amorph" bezeichneten - Anteil aus vorwiegend iso-Paraffinen, die ein besseres ,,Olbindungsverm6gen" besitzen, was wohl heiBen will, dab die fltissigen Paraffinmolektile von ihnen besser solvatisiert werden, besonders wenn es sich um iso-Paraffine von niedrigem Schmelz- punkt handelt. Der mikrokristallinen Fraktion kommt die Bildung einer dreidimensionalen Struktur zu diese ist das eigentliche Geigerfist, welche das thixotrope rheologische Verhalten von Vaselin bedingt. Die kristalline Fraktion aus n-Paraffinen bewirkt die ,,Steifheit" des Produktes und er- zeugt, wenn sie in fltissigem Paraffin allein anwesend ist, den sog. ,,Eis- effekt", d. h., es entsteht auf der Oberflftche einer erstarrten Schmelze eine Kruste, die nut mir einem gewissen Kraftaufwand durchstoBen werden kann (46). Ferner entsteht ein Gertist aus groben Kristallen, das die fitissige Phase nut teilweise festzuhalten vermag. Die mikrokristalline Fraktion je- doch bewirkt eine ,,Verdickung", d. h., es entsteht ein merkbarer FlieBpunkt als Folge einer stftrkeren Gertistbildung. Ozokerit, aus mikrokristallinen Fortsetzung der Fugnote yon Seite 311 turviskose) GellOsung mit Makromolek•len inkorporiert werden. Es entsteht dann gewisser- ma13en eine Kombination aus pseudoplastischer und plastischer Flie13kurve, die dem thixo- tropen Rheogramm iihnlich sieht (z. B. bei Senf, Zahnpasten, Tomaten-Ketchup, Fischmayon- naise).
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