736 JOURNAL OF THE SOCIETY OF COSMETIC CHEMISTS Funktionieren der Perspiratio insensibilis dutch AbschluB der Haut mit un- durchl•issigen Salben- bzw. Creme-Filmen unterdrtickt, so kommt es zu einer Quellung und Auflockerung der Hornschicht, eventuell sogar zu einer Vet- letzung der Barriere. Wird z.B. Quecksilber auf die Hautoberfi•iche gebracht und mit einem gas- und wasserdichten Salbenfilm abgedeckt, so nimmt die Haut eine vierfach gr6Bere Menge des Metalls auf als wenn das Quecksilber ohne Abdeckung auf der Haut liegt (37). Dies zeigt abet, dab eine Unter- drtickung der Perspiratio insensibilis und der Hautatmung zu pathologischen Ver•inderungen der Oberhaut ftihrt, die dann toxischen Substanzen ein viel leichteres Eindringen in das K6rperinnere gew•ihren. Dieses Beispiel soll dazu dienen, die Wichtigkeit der Erhaltung der Hautatmung und der Perspi- ratio insensibilis als notmale physiologische Funktion zu unterstreichen. Anders ausgedrtickt, wird der Gasaustausch der Haut mit der Umwelt dutch angewendete Kosmetika behindeft und dadurch die physiologischen Funk- tionen der Hautatmung und Perspiratio insensibilis unterdrtickt, so wird das Organ gesch•idigt. Ein kosmetisch logisches und physiologisch richtiges Vor- gehen ist es, darauf zu achten, die normalen Funktionen der Haut trotz kos- metischer Behandlung mindestens zu erhalten, m6glichst abet zu untersttit- zen. Wenn man kosmetisch von einer trockenen Haut spricht, so versteht man darunter eine fettarme Haut oder anders ausgedriickt, eine Haut, die unter einer Unterproduktion der Talgdriisen leidet. Physiologisch gesehen, ist dies abet unrichtig, denn eine trockene Haut ist eine Haut mir einem zu geringen Wassergehalt im Stratum corneum. Ja, es gibt sogar, wie Schneider und Kleine-Natrop, zeigen konnten, fette Haut, die wassertrocken ist. Der Was- serhaushalt der Hornschicht der Epidermis wird bekanntlich dutch den von uns gefundenen ,,Natural Moisturizing Factor", das sind die in dem Stratum corneum enthaltenen wasser16slichen Inhaltsstoffe, reguliert. Dieses physiolo- gische Prinzip, der NMF, sollte nicht, wie dies leider jedoch sehr oft geschieht, dutch die Verwendung verschiedener hygroskopischer Substanzen, umgan- gen werden, da solche Stoffe fiir das Hautorgan meist artfremd sind. Es ist abet auch physiologisch falsch, den Wassergehalt des Stratum corneum da- dutch anreichern zu wollen, dab man dutch Applikation wasserdampfun- durchliissiger Cremefilme die Funktion der Perspiratio insensibilis unter- driickt, wie dies verschiedentlich empfohlen wurde. Wie am Beispiel des Quecksilbers gezeigt wurde, kann hierdurch die Hornschicht und sogar die Bardere gesch•idigt und die Resorptionsm6glichkeit toxischer Substanzen dutch die Haut gef•ihrlich erh6ht werden. In der Hornschicht der Haut befinden sich noch zwei weirere physiologische Faktoren. Der eine davon ist der S•iuremantel der Haut. Wie bekannt, ist die
BIOCHEMIE UND PHYSIOLOGIE ALS GRUNDLAGE DER KOSMETIK 737 Hautoberfi•iche stets sauer, ihr pH liegt zwischen 4 und 6. Dieset Sfiuremantel der Haut, der fiber die ganze K6rperoberfi2che besteht und nut an einigen Stellen, an welchen sich apokrine SchweiBdriisen befinden, durchbrochen ist, wird allgemein als eine Bakterienabwehrfunktion der Haut angesehen. Von verschiedenen Forschern wetden die den ,,Sfiuremantel" repr2sentierenden S•iuren der Hautoberfi2che sogar als Selbststerilisierungsfaktor der Haut (38) betrachtet. Es gibt allerdings auch Stimmen, welche die Abwehrfunktion des S•iuremantels bezweifeln. Der weirere physiologische Faktor der Hornschicht ist das Neutralisations- verm6gen (39). W•ihrend die aktuelle Wasserstoffionenkonzentration der Hautoberfi•iche oder der S•iuremantel dutch die im Stratum disjunctum vor- handenen freien S•iuren bedingt ist, beruht die Neutralisationskapazit•it der Hautoberfi2che auf eben diesen S•iuren, der durch die Haut diffundierenden Kohlens•iure, den wasser16slichen Inhaltsstoffen und der Gesamtheit der fixen Proteine des Stratum corneum. Es ist dies also ein ganzes Puffersystem oder ein ,,Puffermantel". Dieset Puffermantel vermag sowohl S•iuren als auch Laugen zu neutralisieren und stellt damit eine Abwehrfunktion gegen che- mische Einwirkungen dar. Den S•iuremantel und Puffermantel der Haut zu er- halten, ist eine selbstverst•indliche physiologische und damit kosmetische Forderung. Moderne Kosmetika sind deshalb auch nicht mehr alkalisch, son- dern wenn m6glich dem sauren pH der Hautoberfi•iche angepaBt oder zu- mindest neutral. Da abet der S2uremantel eng mir dem Puffermantel der Haut zusammenNingt, ist es unlogisch und unphysiologisch, ein kosmetisches Pr2parat einfach durch Hinzuftigen einer beliebigen S•iure dem Haut-pH an- zugleichen und damit zu glauben, bereits eine physiologische G roBtat voll- bracht zu haben. Es ist vielmehr notwendig, den sauren pH des Kosmetikums in diesem Bereich entsprechend abzupuffern. Auch hier wire es wieder un- physiologisch, einfach irgendeinen fiir diesen Bereich praktischen, aber un- physiologischen Puffer zu benutzen, sondern es sollte eine Puffersubstanz, die der hauteigenen •ihnlich ist, eingesetzt werden. Es soll nun noch kurz auf die Make-up Pr•iparate eingegangen werden. Bei den Make-up Pr•iparaten ist man weir mehr als bei den Produkten der pfie- genden Kosmetik gezwungen, hautfremde Stoffe zu verwenden. Abet auch hier sollte man, soweit als irgendm6glich, die physiologischen und bio- chemischen Grundgesetze der Haut beriicksichtigen. Man sollte versuchen, mir Make-up Pr•iparaten den Sfiure- und Puffermantel der Haut nicht un- giinstig zu beeinfiussen, die Hautatmung und die Perspiratio insensibilis nicht zu gef2hrden, den NMF-Gehalt des Stratum corneum nicht zu ver- •indern, die Talg- und SchweiBdriisen nicht zu verstopfen und keine resor- bierbaren Substanzen zu verwenden.
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